Forced Abroad
- Publisher: Paintbucket Games
- Veröffentlichungsjahr: 2021
- Plattform: Windows, Switch, iOS, Android, macOS
- Altersfreigabe: USK 12
- Geeignet für: Ab Klasse 9
- Fachbezug: Geschichte
Die 1940 durch das NS-Regime veranlasste Bombardierung Rotterdams hinterlässt die historische Altstadt in Schutt und Asche. Vielen Bewohner*innen der Stadt bleibt nichts außer Hunger, Verzweiflung und Leid. Doch als ob damit noch nicht genug Schaden angerichtet wäre, starten die Deutschen vier Jahre später die „Aktion Rosenstock“, eine Razzia, im Zuge derer über 50.000 niederländische Männer im Alter zwischen 17 und 40 zur Zwangsarbeit deportiert werden.
Inmitten dieser Geschehnisse lebt der 19-jährige Jan de Boer mit seiner Familie – durch einen glücklichen Zufall gelingt es dem Jungen, der Verschleppung durch die Nazis zu entgehen. Seine Eltern leiden jedoch sehr unter der deutschen Besatzung und kämpfen täglich darum, genug Essen auf den Tisch zu bringen. Während Jan sich versteckt, arbeitet sein Vater hart, um die Familie zu versorgen und so steigt der Unmut innerhalb der Familie stetig an. Bald schon sehen Jans Eltern in ihrem Sohn nur noch einen Feigling mit einem zu füllenden Magen und so nötigen sie ihn dazu, sich selbst im Tausch gegen Verpflegung für seine Eltern nach Dachau in den Arbeitsdienst der Nazis deportieren zu lassen.
Getrennt von seiner Geliebten Annie durchlebt Jan in den kommenden Monaten die Hölle: In ständiger Angst lebend, klirrender Kälte ausgesetzt und oft nur schimmlige Nahrung erhaltend, versucht er gemeinsam mit Lucas, einem Freund, den er auf dem Weg nach Dachau gewinnt, zu überleben. Doch das ist leichter gesagt als getan, denn die Nazis sind gnadenlos und jedes falsche Wort oder Fehlverhalten wird aufs Härteste geahndet. Wie lange kann er sich unterwerfen und gute Miene zum bösen Spiel machen, ohne sich selbst so weit zu verraten, dass es nichts mehr gibt, wofür es sich zu überleben lohnt?
Die Visual Novel Forced Abroad, welche in Kooperation mit dem NS-Dokumentationszentrum München entstanden ist, vermittelt Spielende in die grausame Geschichte der Deportation von Zivilisten durch das NS-Regime in Zwangsarbeitslager und bietet dabei Einsatzmöglichkeiten und Anknüpfungspunkte für die Thematisierung des Nationalsozialismus im Geschichtsunterricht ab der 9. Klasse.
Die Erlebnisse des Jungen Jan de Boer, die den Spielenden in der etwa einstündigen interaktiven Erzählung nahegebracht werden, basieren auf den Tagebucheinträgen der historischen Person Jan Hendrik Bazuin. Durch diese direkte Verknüpfung zu dem Zeitzeugendokument eines überlebenden Zwangsarbeiters aus der NS-Zeit schafft es Forced Abroad, eine authentische Geschichte zu erzählen, die die Spielenden die Situation von ausländischen Arbeitskräften aus Besatzungszonen nachempfinden lässt. Bereits für Schülerinnen und Schüler wird dabei anhand der Konsequenzen der Handlungen, die sie in der Rolle von Jan de Boer ausführen müssen, verständlich aufgezeigt, wie es den Zwangsarbeitern in Dachau ergangen sein muss. Sie erfahren, mit welchen Gefühlen und inneren Konflikten die Betroffenen täglich zu kämpfen hatten und wie das Handeln der Nationalsozialisten nicht nur das Leben der Menschen an der Front, sondern auch innerhalb der Besatzungszonen und in Deutschland unerträglich machte.
Durch Entscheidungsmöglichkeiten in der Geschichte wird den Spielenden außerdem die Angst vor den Konsequenzen verdeutlicht, die das eigene Handeln für die Menschen unter der deutschen Besatzung bedeutete. So wird Jan im Laufe der Geschichte vor viele kleine Entscheidungen gestellt, beispielsweise, ob er seinen Freunden und Mitarbeitern beisteht, wenn sich diese gegen die unmenschliche Behandlung der Deutschen wehren oder ob er versucht unauffällig zu bleiben, dadurch jedoch nicht für seine eigenen Überzeugungen einsteht. Hierbei wird die Hilflosigkeit, Verzweiflung und Angst, mit der viele Arbeiter alltäglich konfrontiert wurden, nachvollziehbar gemacht, denn auch als Spieler*in weiß man vorab nicht, welche Konsequenzen die verschiedenen Entscheidungsoptionen für Jan nach sich ziehen werden. Die Entscheidungen haben zwar eher wenig Einfluss auf den Verlauf der Geschichte, können jedoch im Moment der Entscheidungsfindung zum Nachdenken anregen und, beispielsweise in Partner- oder Gruppenarbeiten, als Kommunikationsanlass genutzt werden, um ein Verständnis für die Umstände und die Ängste vor möglichen Konsequenzen beim Leisten von Widerstand zu schaffen.
Des Weiteren gibt es einige Momente, in welchen die Spielenden darüber entscheiden, wie Jan eine erlebte Situation auffasst. So kann beispielsweise der Selbstmord eines Arbeitskollegen Jan entweder mit Angst erfüllen, oder ihn nachdenklich machen und die eigene Situation hinterfragen lassen. Anhand solcher Beispiele kann, wahlweise anschlusskommunikativ oder in der konkreten Situation, das Einfühlungsvermögen und Verständnis für die Gefühle und Handlungen der Menschen gefördert werden, die unter dem NS-Regime leben oder für diese arbeiten mussten.
Zusätzlich zu der Geschichte von Jans Deportation und seiner Zeit als Zwangsarbeiter liefert Forced Abroad historische Fakten zu verschiedenen Themen, die im Laufe des Spiels thematisiert werden. Dabei können Aspekte wie das „Heimtückegesetz“ oder die Propaganda der Nazis anhand der Geschichte veranschaulicht werden. Die Fakten, welche auf Infoseiten übersichtlich die wichtigsten historischen Inhalte darstellen, bieten dann die Möglichkeit, inhaltliches Wissen zu vermitteln und den Schülerinnen und Schülern detaillierte Hintergrundinformationen zu liefern.