- Jahr: 2022
- Entwicklerstudio: PortaPlay
- Plattform: Windows, Switch
- Altersfreigabe: USK 12, PEGI 16
- Geeignet für: Ab Klasse 10
- Fachbezug: Geschichte
Dänemark, Februar 1945: Es ist kalt. Lebensmittel und Medizin sind fast genauso rar wie die Hoffnung der Bevölkerung auf ein baldiges Ende der deutschen Besatzung. Mit jedem Tag wächst das Misstrauen zwischen Dänen und Deutschen und neben Furcht und Verzweiflung schleicht sich immer mehr Hass in die Herzen der Menschen ein.
Als Tochter einer dänischen Mutter und eines deutschen Vaters, der sich 1939 der NSDAP angeschlossen hat, ist das Leben der jungen Krankenschwester Gerda Larsen eigentlich schon kompliziert genug. Doch als sie eines Abends nach Hause kommt und ihr Ehemann Anders blutig und in Ketten von der Gestapo abgeführt wird, droht sie vollends zusammenzubrechen. Die Anschuldigungen gegen Anders sind hart: Mitgliedschaft in einer geheimen Widerstandsorganisation, Planung und Durchführung eines Bombenanschlags auf eine Firma, die das deutsche Militär beliefert, und schwere Körperverletzung deutscher Besatzungssoldaten. Doch wem kann Gerda trauen, um sie und ihren Mann zu unterstützen und aus dieser misslichen Lage herauszuhelfen? Der rachsüchtigen Anführerin der Widerstandsbewegung? Dem bestechlichen, aber drogenabhängigen NS-Soldaten? Oder bleibt nur die Kooperation mit dem Gestapo-Offizier und der damit einhergehende Verrat an den Dänen und dem Widerstand?
Während die Spielenden in der Rolle von Gerda diese Entscheidungen abwägen müssen, lernen sie bald noch die geflüchtete deutsche Jüdin Esther und deren kranke Tochter Sophia kennen, welchen Anders helfen wollte, sicher nach Schweden zu kommen. Doch die Ressourcen sind knapp und nur die wenigsten Leute sind bereit, diese mit anderen zu teilen. Der Schwarzmarkt blüht auf, illegale Tauschgeschäfte sind oft der einzige Weg, an hilfreiche Gegenstände zu kommen und Gerdas moralische Werte werden auf eine harte Probe gestellt. Wie vielen Menschen kann Gerda helfen, ohne dabei ihre eigenen Ziele zu sehr zu vernachlässigen? Wer wird es ihr und ihrem Mann am Ende danken, wer wird sie nur für die eigenen Zwecke missbrauchen und letztlich im Stich lassen? Und wird sie Anders je wieder lebend zu Gesicht bekommen?
Gerda: A Flame in Winter beleuchtet eine hochspannende Epoche in der Geschichte Dänemarks zur Zeit der deutschen Besatzung während des Zweiten Weltkriegs und findet durch seine historische Relevanz sowie der Konfrontation mit zahlreichen Dilemmasituationen Anknüpfungspunkte für den Geschichtsunterricht ab der 10. Klasse. Durch seine beklemmende Stimmung sowie ein gut durchdachtes Ressourcensystem, das Spielende immer wieder vor schwierige Entscheidungen stellt, gelingt es dem Spiel, die Not, Angst und Gespaltenheit der dänischen Bevölkerung unter der deutschen Besatzung nachvollziehbar zu machen. Dabei vermittelt das Spiel auf einer Metaebene geschickt die Ressourcenknappheit, mit der die dänische Bevölkerung zu kämpfen hatte, indem Spielende in der Rolle der verzweifelten Krankenschwester sowohl mit den gefundenen Gegenständen als auch mit den sogenannten „Geisteskräften“ Gerdas gut haushalten müssen. Diese Geisteskräfte unterteilen sich in Mitgefühl, Auffassungsgabe und Scharfsinn und stehen den Spielenden in unterschiedlichem Maße zur Verfügung, je nachdem wie sie – in der Rolle von Gerda – das Erlebte auffassen und verarbeiten: Durchschaut Gerda das falsche Lächeln in den Gesichtern der Gestapowachen, mit welchem sie versuchen, Sympathie vorzutäuschen? Oder denkt sie nur an die Angst, die die Wachen in ihrem geliebten Ehemann bei seiner Inhaftierung ausgelöst haben müssen? Entscheidungen wie diese ermöglichen den Spielenden später selbst empathischer oder analytischer und taktischer zu handeln und bringen dabei unterschiedlichste Konsequenzen mit sich. Unter der zusätzlichen Berücksichtigung der Beziehungen zu den verschiedenen Fraktionen im Spiel (Besatzer, Widerstand, Dänen, Deutsche) und dem Vertrauen, das andere Figuren zu den Spielenden aufbauen können, können die Geisteskräfte eingesetzt werden, um die eigenen Ziele zu erreichen, Feinde zu täuschen oder Verbündete für unterschiedliche Vorhaben zu gewinnen. Viele kleine Entscheidungen in Dialogen und Handlungen verändern dabei die Beziehungen zu den Figuren und Fraktionen. Redet Gerda beispielsweise abfällig über die Attentäter des Bombenanschlags auf die Fabrik, steigt zwar ihr Ansehen bei den Besatzern, ihr Ansehen auf Seiten der Widerstandsorganisation hingegen sinkt. Dieses mangelnde Vertrauen kann später dann darin resultieren, dass die Widerständler*innen ihren Informationen keinen Glauben schenken oder diese nur ausnutzen, ohne Gerda und ihrem Mann danach zu helfen. Zusätzlich wird die Geschichte in Gerda: A Flame in Winter durch historische Fakten der damaligen Zeit angereichert. So erhalten Spielende unter anderem Informationen über die Hitlerjugend in Dänemark, nachdem Gerda das erste Mal auf den Sohn des Gestapo-Chefs trifft. Diese Informationen können Hinweise darauf geben, wie man sich diesem Jungen gegenüber verhalten sollte und wie man sein Verhalten interpretieren kann. Die enge Verzahnung dieser Elemente schafft es dabei, historische Informationen über die NS-Zeit an die fiktiven Figuren und Ereignisse im Spiel zu knüpfen, wodurch ein Nachempfinden und Nachvollziehen bei den Spielenden erleichtert und gefördert wird. Durch die Vielzahl an Entscheidungssituationen, Möglichkeiten und Konsequenzen, die das Spiel mitbringt, regt es außerdem dazu an, das eigene Handeln zu hinterfragen und gegebenenfalls mit dem Handeln anderer zu vergleichen. Das Spiel zeigt in etwa sieben Stunden Spielzeit die Folgen, die es haben konnte, sich gegen den Nationalsozialismus zu wehren, ungeschönt und gnadenlos auf und bietet dabei eine gute Basis für Diskussionen und das Reflektieren des eigenen Handelns. |