My Memory Of Us
- Publisher: Juggler Games
- Veröffentlichungsjahr: 2018
- Plattform: Windows, MacOS, XBox, PlayStation, Switch, iOS, Android
- Altersfreigabe: USK 6
- Geeignet für: Ab Klasse 7
- Fachbezug: Geschichte
In dieser besonderen Nacht begann alles mit einem Mädchen, das ihren Kopf stets in die Bücher steckte.
…
Sie brachte mir ein Buch, das sie tief in meinem Laden gefunden hatte. Ich öffnete es und fand einige Zeichnungen darin verstaut.
Und sie kamen mir vertraut vor und ich spürte, wie langsam Erinnerungen in mir aufgewühlt wurden, als ein altes Foto zwischen den Seiten herausfiel.
In My Memory of Us tauchen die Spielenden in eine fesselnde Geschichte ein, die von dem Besitzer eines Buchladens erzählt wird. Dieser berichtet einem kleinen Mädchen von seinen Abenteuern mit einer Freundin, als beide selbst noch Kinder waren. Diese Freundschaft wurde jedoch kurz nach ihrem Beginn von einem Krieg überschattet, im Zuge dessen Polen von Robotersoldaten besetzt wurde.
Die Bewohner:innen werden von nun an von den Robotern überwacht, zusätzlich werden einige scheinbar willkürlich mit roter Farbe markiert. Diese Markierung bedeutet, dass sie fortan als Menschen zweiter Klasse gelten. Sie werden gezwungen, ihre Häuser zu verlassen und durch eine Mauer von der restlichen Stadt abgeschnitten, die sie von da an nicht mehr betreten dürfen. Auch die der Buchhändler und seine Freundin sind von dieser Trennung betroffen: Während der Junge weiterhin frei durch die Stadt streifen darf, wird das kleine Mädchen markiert und kann nur noch heimlich in die Stadt zurückkehren.
Den Spielenden wird in My Memory of Us auf eindrucksvolle Art und Weise vermittelt, wie das Leben der Menschen inmitten eines Krieges mit ungewisser Zukunft aussieht. Dabei werden verschiedene Aspekte der Zeit des Nationalsozialismus beleuchtet: Vom Kunstraub über unmenschliche Zustände in Ghettos bis hin zu Widerstand und den Schrecken des Holocaust. My Memory of Us erzählt eine Geschichte, die zum Nachdenken anregt und zugleich daran erinnert, wie wichtig es ist, auch dann zu handeln, wenn das Gegenüber scheinbar übermächtig ist.
Durch die stark abstrahierten Bezüge zur Zeit des Nationalsozialismus eignet sich My Memory of Us auf besondere Art und Weise für den Einsatz im Geschichtsunterricht.
In eindrucksvollen Bildern erleben die Spielenden die plötzliche, durch die Besatzung herbeigeführte Spaltung der Gesellschaft und die oftmals unmenschliche Behandlung, der ein Teil der Bevölkerung ausgesetzt war. Die Markierung bestimmter Menschen mit roter Farbe hebt sich dabei besonders stark von der restlichen Schwarz-Weiß-Optik des Spiels ab. Auf direkte Bezüge zum Nationalsozialismus, etwa durch Erwähnung von Begriffen wie „Hitler“ oder „Jude“, wird im Spiel bewusst verzichtet. Ausgehend von dieser abstrahierten Darstellung können Parallelen zwischen den spielinhärentenn Ereignissen und der realen Geschichte gezogen werden. So können die Lernenden im Geschichtsunterricht das Spiel etwa unter folgenden Fragestellungen untersuchen: Welche Parallelen gibt es zwischen dem Spiel und historischen Ereignissen bzw. der Zeit des Nationalsozialismus? Woran wird ersichtlich, dass das Spiel auf den Nationalsozialismus verweist? Auf welche konkreten historischen Ereignisse bezieht sich das Spiel? Welche Form der Zweiklassengesellschaft existierte zur NS-Zeit? Insbesondere das Historizitätsbewusstsein der Schüler*innen wird hierdurch gestärkt.
Doch My Memory of Us eignet sich nicht nur, um Parallelen zwischen dem Spiel und der Wirklichkeit herauszuarbeiten. Vielmehr bietet das Spiel gerade durch seine Abstraktionen einen hervorragenden Einstieg, um im Geschichtsunterricht über die Absurdität der Begründungen für die Verbrechen des Nationalsozialismus zu diskutieren. So wird im Spiel etwa plötzlich von den Robotersoldaten entschieden, dass eine ganze Gruppe an Menschen fortan als Menschen zweiter Klasse gelten soll. Diese Einteilung wird jedoch vom Protagonisten selbst hinterfragt und kann im Unterricht ebenfalls thematisiert werden: Wie kann es sein, dass all diese Menschen nun plötzlich als schlecht gelten, obwohl sie bisher ein ganz normaler Teil der Gesellschaft waren? Worauf stützen die Roboter überhaupt ihre Aussage, dass diese Menschen alle schlecht sind? Warum ignorieren die Roboter und die anderen nicht-markierten Bewohner:innen der Stadt, dass die mit roter Farbe markierten Menschen ebenfalls Individuen sind, die nicht aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu einer Gruppe automatisch zu bösen Menschen werden? Und wieso haben so viele nicht-markierte Menschen sich diesem fragwürdigen System gefügt – ja, sogar die offensichtlichen Lügen der Roboter weiterverbreitet?