Tails Noir
- Publisher: Eggnut
- Veröffentlichungsjahr: 2021
- Plattform: Windows, PlayStation, XBox, Switch
- Altersfreigabe: USK 16
- Geeignet für: Ab Klasse 10
- Fachbezug: Deutsch, Englisch
Du bist nichts Besonderes. Und schon gar kein Held.
So lautet die Figurenbeschreibung des Waschbär-Privatdetektivs Howard Lotor auf der Homepage von Tails Noir, in dessen Rolle die Spielenden schlüpfen. In einem dystopischen Vancouver, bewohnt von anthropomorphen Tieren und umgeben von hohen Mauern, kämpft sich Howard Lotor mühsam durchs Leben – bis ihn eines Tages die Otterdame Odette Green beauftragt, ihren Ehemann Jeremy ausfindig zu machen. Was zunächst nach einem gewöhnlichen Auftrag für den Detektiv klingt, entwickelt sich schnell zum größten Fall seines Lebens.
In Tails Noir werden die Spielenden auf eine Reise durch die dunklen Gassen der Stadt und in die exklusivsten Clubs der Oberschicht mitgenommen. Indem sie sich mit Stadtbewohner*innen aus den unterschiedlichsten Gesellschaftsschichten unterhalten, versuchen sie das Geheimnis um Jeremy Greens Aufenthalt zu lüften und seine mögliche Untreue aufzudecken. Doch je tiefer sie graben, desto mehr seltsame Gestalten und unerklärliche Ereignisse tauchen auf.
Wird es den Spielenden gemeinsam mit Howard Lotor gelingen, Jeremy Green zu finden? Und was bitte haben Aliens mit der ganzen Sache zu tun?
Tails Noir eignet sich hervorragend, um im Literaturunterricht der Sekundarstufe II Dramen und ihre Merkmale zu behandeln und das literarische Verstehen auf der Handlungsebene (Handlungs- und Figurenverstehen) zu fördern.
Durch seine ca. drei bis vier Stunden lange Spielzeit eignet sich Tails Noir ideal als Ganzschrift für den Literaturunterricht in den Fächern Deutsch oder Englisch, um das Thema „Drama“ zu vertiefen. Das Spiel ist dabei wie bei einem klassischen Drama in fünf Akte unterteilt, anhand derer exemplarisch die Merkmale von Dramen herausgearbeitet, oder aber überprüft werden können. Was passiert im ersten Akt eines Dramas? Was versteht man unter „erregendes Moment“? Kann ein Drama auch manchmal witzige Momente enthalten? Und woran erkenne ich, ob es sich um ein offenes oder geschlossenes Drama handelt?
Zusätzlich zur Analyse der Dramenmerkmale bietet Tails Noir auch die Möglichkeit, als Vergleich zur Filmgattung des Film Noir herangezogen zu werden. Dabei können die Lernenden untersuchen, welche Gemeinsamkeiten das Computerspiel und Filme dieses Genres etwa hinsichtlich des Aufbaus, visueller Effekte und Themenwahl aufweisen. Darüber hinaus kann Tails Noir im Literaturunterricht in Englisch verwendet werden, um Inhalte und Struktur mit bekannten Detektiv- und Krimigeschichten, wie etwa von Arthur Conan Doyle oder Agatha Christie, zu vergleichen. So können die Schüler:innen Parallelen und Unterschiede zwischen dem Spiel und literarischen Werken erkennen und vertiefen ihr Verständnis für verschiedene mediale Realisierungsformen des Genres.
Neben der Betrachtung dramatischer Merkmale fördert Tails Noir auch das literarische Verstehen auf der Handlungsebene. So müssen die Spielenden auf der Suche nach Jeremy Green zunächst Zeug*innen befragen und Informationen sammeln, um Hinweise auf den möglichen Aufenthaltsort des gesuchten Otters zu erhalten. Und selbst nachdem dieser gefunden wurde, hören die Fragen nicht auf. Was passiert in der angesagten Bar „The Bite“? Wer ist diese Clarissa Bloodworth, die die Stadt scheinbar aus dem Hintergrund zu regieren scheint? Und für wen arbeitet die charismatische Autorin Renee, die mit Howard ein Team bilden will? Um diese und weitere Fragen zu klären, müssen die Spielenden nach und nach eine Vielzahl an Informationen über Figuren und handlungslogische Zusammenhänge der Geschichte zusammentragen, damit sich alle Puzzleteile allmählich zu einem Gesamtbild über die Gesellschaft und das Leben im dystopischen Vancouver zusammenfügen.
Ergänzend erfahren die Spielenden immer mehr über die dargestellten Figuren sowie deren Hintergründe und Motive. So erzählt die Füchsin Renee ihnen etwa, weshalb sie nicht mehr bei einer renommierten Zeitung arbeitet und so darauf versessen ist, die wahren Machthaber*innen der Stadt zu finden. Und je mehr die Spielenden über den vermeintlichen Untergrund-Boss Clarissa Bloodworth und ihre Motive erfahren, desto eher stellt sich die Frage, ob sie wirklich so grausam und böse ist, wie es zunächst den Anschein hat. Im Rahmen des Literaturunterrichts kann mit den Lernenden gemeinsam erarbeitet werden, wie sich die Figuren im Laufe der Handlung entwickeln und immer wieder zu neuen Gruppen zusammenschließen.
Zugleich werden in Tails Noir immer wieder tragische Schicksale offenbart, die als Diskussionsanlass für den Literaturunterricht genutzt werden können. Warum darf eine Häsin etwa nicht offiziell in einem Labor arbeiten, nur weil sie zur falschen Tierart gehört? Wieso stehen die Affen in dieser fiktionalen Gesellschaft über allen anderen Tieren? Weshalb werden die Tiere je nach Rassezugehörigkeit in unterschiedliche Klassen eingeteilt? Diese und weitere Fragen über die in Tails Noir dargestellte Gesellschaft können als Ausgangspunkt für eine vertiefte Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Fragen dienen und den Lernenden ermöglichen, Parallelen zur realen Welt zu ziehen.
Anmerkung: Aufgrund nicht-jugendfreier Inhalte wie Kraftausdrücken, Gewalt, systemischem Rassismus und anderen sensiblen Themen wird empfohlen, Tails Noir frühestens ab der Sekundarstufe II einzusetzen und entsprechende Strukturen gemeinsam mit den Schüler*innen kritisch zu reflektieren.