Viewfinder
- Publisher: Sad Owl Studios
- Veröffentlichungsjahr: 2023
- Plattform: PlayStation, Windows
- Geeignet für: Klasse 5-10
- Fachbezug: Kunst, Deutsch
Wer sein Ziel zu erreichen versucht, dabei jedoch nicht weiterweiß, muss manchmal – so unangenehm es auch scheint – eine andere Perspektive einnehmen. Im Rätselspiel Viewfinder müssen Spielende genau das tun: Dinge aus verschiedenen Winkeln betrachten, Fotos aufnehmen, um Objekte und Strukturen verstehen, drehen und wenden zu können – und sie dann aus dieser neuen Sicht wieder zurück in die Realität zu versetzen. Da ihnen dabei eine sprechende Katze mit Rat und Tat zur Seite steht, sollte eigentlich alles kein Problem sein. Es sei denn… es ist womöglich doch alles etwas komplizierter, als es auf den ersten Blick scheint?
Die Spieler*innen werden in diesem Spiel aus einer von der Klimakatastrophe verwüsteten Welt in eine Simulation voller Geheimnisse und Rätsel hineinversetzt, der sie nur mit modernster Schnappschuss-Technologie entkommen können. Mithilfe von herumliegenden oder selbst geschossenen Fotos, die per Knopfdruck dreidimensional werden und mit der Umgebung verschmelzen, können sie Gebäude versetzen, Objekte duplizieren oder sich buchstäblich durch Wände bewegen. Das Teleportgerät am Ende jedes Levels erreichen die Spielenden nur dann, wenn sie die richtige Perspektive einnehmen und die Fotografien aus dieser heraus passend in den Raum hineinprojizieren. Schauen und hören sie genau hin, können sie dabei auch auditive Schnipsel zusammentragen: Durch diese erfahren sie, zu welchem Zweck die sie umgebende Simulation geschaffen wurde und welchen Plan deren Erfinder*innen damit verfolgten.
Am Ende steht nicht nur das Ziel, einen Weg heraus aus der Simulation zu finden. Aufgabe der Spielenden ist es auch, das verlorene Wissen, um eine Maschine wiederzuerlangen, mit der sich das ruinierte Klima in der Realität des Spiels wieder ins Lot rücken ließe. Doch wurde dieser Traum der beiden Erfinder*innen tatsächlich Realität oder ist eine solche Technologie doch zu gut, um wahr zu sein? Fest steht nur: Wenn die Spieler*innen nichts unternehmen, wird so einiges ganz sicher weiterhin auf dem Kopf stehen!
Das Rätsel-Adventure Viewfinder nähert sich experimentell und interaktiv den Themen Perspektive, Bildlichkeit und Räumlichkeit sowie künstlerische Gestaltung – eine interaktive Reise wie gemacht für den Kunstunterricht der Sekundarstufe! Die Spielenden finden sich darin in einer Simulation wieder, deren verschachtelte Level sie mithilfe von Fotos verändern können. Die komplex erzählte Geschichte, die sich als roter Faden im Hintergrund durch das Spiel zieht, bietet sich zudem für eine interdisziplinäre Besprechung auch im Literaturunterricht der höheren Sekundarstufe an.
Für die Besprechung im Kunstunterricht stehen in Viewfinder vor allem zwei Themen im Mittelpunkt: Perspektive und Räumlichkeit. Die Spielenden bewegen sich in First-Person-Perspektive durch nacheinander oder punktuell spielbare Level, die im Schnitt jeweils ca. vier bis fünf Minuten in Anspruch nehmen. Die jeweils als Ziel fungierenden Teleport-Maschinen können sie dabei niemals auf geradem Weg erreichen. Diese befinden sich nämlich auf unerreichbaren Plattformen, an Decken oder Wänden oder müssen erst durch schwierig zu bedienende Geräte aktiviert werden. Hier kommen die Fotos ins Spiel, die entweder in der virtuellen Umgebung gefunden oder mit Sofortbildkameras aufgenommen werden können: Wird ein Foto in das Blickfeld gehalten und ein bestimmter Knopf gedrückt, verwandelt sich das Abgebildete in eine dreidimensionale Struktur und verschmilzt mit der Umgebung. So können die Spielenden Brücken von einer Stelle an eine andere versetzen, Objekte vervielfältigen oder unbegehbare Wege so anpassen, dass sie auf ihnen entlanglaufen können. Das funktioniert aber selbstverständlich nur, wenn sie das jeweilige Bild genau betrachten, ihre Umgebung erkunden und mit Kamera oder Foto die richtige Perspektive und Ausrichtung wählen, um die zweidimensionale Abbildung passend in die dreidimensionale Umgebung zu integrieren. Im Unterricht kann so mit den Schüler*innen das Verhältnis von Perspektive in zweidimensionalen Bildern und Räumlichkeit in dreidimensionalen Umgebungen unter die Lupe genommen werden. In Echtzeit kann beobachtet werden, wie sich die dreidimensionale Ansicht durch das Bewegen des Spieler*innenavatars perspektivisch an die zweidimensionalen Fotografien angleicht und die Strukturen beider Ebenen so irgendwann zusammenpassen. Im produktionsorientierten Unterricht kann daran angeknüpft werden, indem die Schüler*innen etwa eigene Dioramen gestalten – kleine Schaukästen mit dreidimensional gestalteten Miniaturlandschaften –, in denen zweidimensionale Bilder sich nur aus der richtigen Perspektive in die dargestellte Szene einfügen.
Je nach Level werden die virtuellen Umgebungen und zum Teil auch die selbstgeschossenen Fotos beispielsweise im Stil einer von Hand schraffierten Zeichnung, eines mit Aquarellfarben gepinselten Gemäldes oder einer Blaupause dargestellt. Durch die analytische Auseinandersetzung mit diesen Gestaltungselementen können die Schüler*innenherausarbeiten, welche Mal- und Zeichentechniken für den jeweiligen Stil charakteristisch sind. Beispielsweise können sie untersuchen, mit welchen Mitteln die nahezu täuschende Illusion einer zweidimensionalen, schraffierten Zeichnung in einem dynamisch manipulierbaren dreidimensionalen Raum realisiert wird, der durch das Spiel in Echtzeit generiert werden muss. Ergänzend können sie unter entsprechender Anleitung durch die Lehrkraft mit ähnlichen Techniken praktisch auf grundlegendem Niveau in einem Bild- oder Videobearbeitungsprogramm mit entsprechenden Filterfunktionen experimentieren. Auch können sie gemeinsam der Frage nachgehen, wie sich eine derartige künstlerische Gestaltung der Spielumgebungen auf deren Rezeption, z. B. auf deren Übersichtlichkeit und somit Spielbarkeit, auswirkt und wie ähnliche stilistische Prinzipien bei der Produktion eigener zwei- oder dreidimensionaler Werke der Schüler*innen einbezogen werden können. Noch spannender wird es, wenn die Darstellungsweise an bestimmten Stellen zwischen mehreren verschiedenen grafischen Stilen fließend wechselt: Bei entsprechender technischer Affinität der Lehrkraft kann hier darauf eingegangen werden, wie das Spiel etwa ein Negativ- und ein Sepia-Bild zugleich darstellen und fließend ineinander überblenden kann.
Schließlich kann fachübergreifend auch im Literaturunterricht ab Klasse 8 mit dem Spiel gearbeitet werden. Da die Geschichte aber eher im Hintergrund steht und zur vollständigen Rezeption des Spiels nicht durchdrungen werden muss, bietet sich dies eher als Aufarbeitung der Geschichte zusätzlich zum Einsatz des Spiels im Kunstunterricht an. Begleitend zum Spielverlauf können die Spielenden durch Dialoge mit einer sprechenden Katze, Telefongespräche mit einer weiteren Figur sowie optional abspielbare Sprachaufnahmen Stück für Stück die Rahmengeschichte erfahren, in die die Herausforderungen des Spiels eingebettet sind. Die Spieler*innen befinden sich in einer Simulation, in der irgendwo eine Maschine zur Bewältigung der Klimakatastrophe verborgen liegt. Nachdem sie sich von einer mysteriösen Person plötzlich in diese simulierte Umgebung hineinversetzt finden, übernehmen sie mehr oder weniger unfreiwillig die Aufgabe, alle Teile der Simulation nach dieser Maschine zu durchsuchen und mit dem Wissen über sie in die reale Welt zurückzukehren. Dabei stellen sie jedoch bald anhand der von den Erfinder*innen aufgenommenen Sprachaufzeichnungen fest, dass deren Forschung gar nicht so erfolgreich wie erhofft verlief. Diese Geschichte müssen sich die Spielenden anhand der bruchstückhaften Informationen aus den unterschiedlichen Quellen erschließen, sodass vor allem die Kompetenz der Handlungslogik auf komplexem Niveau trainiert werden kann.