Dear Angelica
- Publisher: Oculus Story Studio
- Veröffentlichungsjahr:
- Plattform: Meta Quest-Reihe
- Altersfreigabe: USK 12
- Geeignet für: Ab Klasse 8
- Fachbezug: Ethik, Englisch, Religion
Eine junge Frau liegt im Dunkeln auf ihrem Bett, im Hintergrund flackert ein Fernsehbildschirm. Sie achtet nicht darauf, in Gedanken versunken schreibt sie einen Brief: „Dear Angelica, I’ve been watching your movies again. I miss you.“ Die geschwungenen Buchstaben wachsen aus dem Briefpapier heraus, in leuchtender Schrift erscheinen sie im Raum. Im Virtual Reality-Kurzfilm Dear Angelica werden die Erinnerungen der Briefeschreiberin Jessica an ihre Mutter Angelica lebendig. Denn Angelica ist verstorben, geblieben sind nur die vielen Filme, die sie zu Lebzeiten gemacht hat. Nichts wünscht sich die Briefautorin mehr, als darin zu leben. Doch manchmal, so schreibt sie, kann sie die Filme und tatsächlichen Erinnerungen nicht mehr voneinander unterscheiden. So bauen sich vor ihren und den Augen der Zuschauer*innen phantastische bunte Szenen auf: In einem amerikanischen Diner tanzt eine Frau im rosa Kleid lachend auf einem Tisch; eine Astronautin schwebt im Weltall, ihre Raumstation wird von einem Asteroiden getroffen – die Explosion besteht aus unzähligen leuchtenden Worten. Jessica schläft schließlich ein. Angelica legt lächelnd die Arme um sie, als sie gemeinsam auf der Sichel des Mondes sitzen – findet Jessica ihren Frieden? |
Der Virtual Reality-Kurzfilm Dear Angelica thematisiert auf sensible Weise die Bewältigung von Verlust und Trauer. Dadurch bietet der Film besondere Potenziale für den Ethik- und Religions- sowie Literaturunterricht ab Klasse 8. Wegen seiner ausschließlich englischen Sprachausgabe erscheint ein Einsatz im Englischunterricht besonders vielversprechend. Mit einer Gesamtdauer von knapp 15 Minuten lässt sich die Rezeption der Anwendung ideal in den Ablauf einer Schulstunde integrieren und bietet sich als Einstieg oder Gegenstand einer Kurzreihe an.
Für den Ethik- und Religionsunterricht eignet sich Dear Angelica, um das vielschichtige Thema Umgang mit dem Tod in den Blick zu nehmen – aus Perspektive derjenigen, die zurückbleiben und trauern. Indem die Protagonistin Jessica ihrer Mutter einen Brief schreibt, der ihre Erinnerungen und phantastische Imaginationen zum Leben erweckt, findet sie einen persönlichen Weg, ihren Verlust zu verarbeiten. Mit den Schüler*innen kann dies zum Anlass genommen werden, um einfühlsam über den schwierigen Prozess nachzudenken, den Hinterbliebene nach dem Tod einer geliebten Person durchlaufen: Welche unterschiedlichen Reaktionen auf ein solch einschneidendes Erlebnis sind denkbar? Zusätzliches Material aus Erfahrungsberichten kann herangezogen werden, um individuelle Trauerprozesse nachzuvollziehen und Empathie zu fördern, wobei die Lehrkraft hinsichtlich des emotional herausfordernden Themas die Bedürfnisse und Ausgangssituation der Lerngruppe genau im Blick behalten sollte. In einem weiteren Schritt können die Schüler*innen beispielsweise das verbreitete Modell der vier Phasen der Trauer nach Verena Kast kennenlernen (1. Nicht-Wahrhaben-Wollen, 2. Aufbrechende Emotionen, 3. Suchen und sich trennen, 4. Neuer Selbst- und Weltbezug). Gemeinsam lässt sich überlegen: In welcher Phase dieses Prozesses befindet sich Jessica? Im nächsten Schritt können sie gemeinsam reflektieren: Ist Trauern ein Prozess, der immer entsprechend dieser Phasen abläuft? Inwiefern ist die Bewältigung von Trauer auch eine aktive Aufgabe? Welche Möglichkeiten, um mit Trauer umzugehen – wie zum Beispiel das Schreiben eines Briefes an die geliebte Person – gibt es? In diesem Zusammenhang lohnt es sich auch, mit den Schüler*innen über das Thema Trauerbegleitung und konkrete Hilfsangebote zu sprechen: Was kann ich tun, wenn ich oder eine mir nahestehende Person trauert? Wo bekomme ich Unterstützung?
Auch für den englischsprachigen Literaturunterricht bietet Dear Angelica zahlreiche Anknüpfungspunkte. Zum einen lassen sich die beiden Figuren des VR-Films genauer in den Blick nehmen, deren enge Bindung durch den Inhalt des Briefs deutlich wird. Dabei sind Angelica und Jessica, ganz in der Tradition des Kurzfilms, nur wenig charakterisiert. Die Figurenidentifikation, -analyse und -reflexion mit den Schüler*innen ist dadurch auch vom Umgang mit Unbestimmtheit gekennzeichnet. 
Deutlich wird, dass Angelica im Filmgeschäft tätig war. Die mehrdeutigen Szenen, die nicht immer klar als Erinnerung oder Traum gekennzeichnet sind, bieten darüber hinaus Anlässe, um mit den Schüler*innen im Bereich Figurenreflexion Hypothesen über deren genauere Hintergründe aufzustellen. In den Bildern vermengen sich Filmszenen mit phantastischen Vorstellungen: Angelica streichelt einen Löwenkopf, später kämpfen die beiden Frauen als kostümierte Actionheldinnen gegen ein grünes Monster. Mit den Schüler*innen kann zum einen die visuelle Ebene untersucht werden: Was ist Vorstellung, was könnte stattdessen tatsächlich geschehen sein? Zum anderen können die Verbindungen zur poetischen und metaphorischen Sprachverwendung im Brief beleuchtet werden: Was bedeutet zum Beispiel Jessicas Formulierung „We tamed lions together“? Welche Abenteuer könnten sie und ihre Mutter im echten Leben zusammen bestritten haben – auch im übertragenen Sinne?
Die sprachliche und visuelle Mehrdeutigkeit kann dabei als Anlass für produktionsorientierte Schreibaufträge, wie innere Monologe, Dialoge, oder – narrativ natürlich besonders passend – Briefformen, genutzt werden, die neben fremdsprachlicher Schreibkompetenz und Wortschatz auch Empathie und Perspektivverstehen fördern. Denkbar ist beispielsweise ein Antwortbrief von Angelica, der das Verhältnis der beiden Figuren zueinander in den Blick nimmt und auf die Sehnsucht Jessicas Bezug nimmt. Ebenfalls möglich sind Tagebucheinträge Jessicas, die ihre phantastischen Traumerfahrungen und Erinnerungen kontextualisiert: Was hat sie wirklich erlebt? Wie geht es ihr in den Tagen nach ihrem Traum? Dabei sind zur Förderung von Sprachbewusstheit auch sprachliche Experimente mit selbst entwickelten Metaphern denkbar, die durch eigene Zeichnungen unterstützt werden können.