Join the Comfortzone
- Publisher: Spoonful Games
- Veröffentlichungsjahr: 2024
- Plattform: Browserspiel
- Link: https://join-the-comfortzone.com
- Geeignet für: Ab Klasse 7
- Fachbezug: Gemeinschaftskunde, Ethik, Deutsch, Thema Demokratiebildung
Wie ist es, in einem totalitären Staat zu leben? Wie würde ich mich verhalten? In Join the Comfortzone werden die Spieler*innen in der Rolle des Nachrichtensprechers Khan mit genau diesen Fragen konfrontiert. Als Khan plötzlich gezwungen wird, in den Abendnachrichten die Fahndung nach seiner eigenen Schwester Kira zu verkünden, steht er vor einer Entscheidung, die sein Leben unwiderruflich verändern könnte – die erste von vielen in diesem beklemmenden Szenario. Das Spiel macht die Mechanismen und Auswirkungen eines totalitären Staates spürbar, indem die Spieler*innen den willkürlichen Regeln einer fiktiven Diktatur ausgesetzt sind. Für jede ihrer Handlungen gewinnen oder verlieren sie direkt Sozialpunkte – je nachdem, wie sehr sie im Sinne oder gegen den totalitären Staat handeln. Und das kann schwerwiegende Folgen für Khan haben, denn durch die Sozialpunkte wird bestimmt, wie die Bürger behandelt werden. Nur ausreichende Sozialpunkte bringen Vorteile wie z. B. eine Behandlung im Krankenhaus oder das Buchen von Flügen. Durch die Möglichkeit, das Handlungsgeschehen durch eigene Entscheidungen zu beeinflussen, erleben die Schüler*innen die Gefahren und Konsequenzen eines Lebens ohne grundlegende Freiheitsrechte. Dabei erfahren sie, wie die Familie von Kira und Khan durch die Verstrickung in eine prodemokratische Untergrundbewegung in das Fadenkreuz der Regierungsagent*innen gerät. Wird Khan seine Schwester vor den Einsatzkräften der Regierung finden? Und kann Kira ihn von seiner Regimetreue abbringen? |
Die Visual Novel Join the Comfortzone eignet sich aufgrund der Thematisierung eines totalitären Staates ohne Freiheitsrechte insbesondere für den Einsatz zur Demokratiebildung und zur Auseinandersetzung mit dem deutschen Grundgesetz ab Klassenstufe 7. Außerdem eignet es sich durch die narrativ anspruchsvolle Handlung für das literarische Verstehen im Fach Deutsch sowie durch die auftretenden Dilemma- und Konfliktsituationen im Fach Ethik.
Da die Spieler*innen in Join the Comfortzone eine Simulation eines totalitären Staates erleben, eignet sich das Spiel hervorragend, um im Gemeinschaftskundeunterricht über Demokratie und Demokratiebildung zu sprechen. Bei Khans Versuch, seine Schwester Kira wiederzufinden, gerät er in ein abenteuerliches Drama, wobei von den Spieler*innen immer wieder schwierige Entscheidungen zu fällen sind. Beispielsweise müssen die Spieler*innen entscheiden, wie sehr sie den Regierungsagent*innen bei haltlosen Anschuldigungen widersprechen. Erschwert werden die Entscheidungen zusätzlich durch ein im Staat geltendes Sozialpunktesystem, das jede Handlungsentscheidungen der Spielenden sofort bestraft oder belohnt. So kann Khan Sozialpunkte verdienen, indem er Hinweise auf eine demokratische Gesinnung meldet, andererseits wird er herabgestuft, sobald er dem Willen der Agent*in nicht folgt, auch wenn damit der Wegfall von Privilegien, wie beispielsweise weniger Datenvolumen, droht. Somit müssen sich die Spieler immer direkt entscheiden, ob sie sich für andere einsetzen oder persönliche Vorteile erhalten.
Anhand der Geschichte können Schüler*innen darüber diskutieren, in welchen Situationen der Staat in Join the Comfortzone in das Leben der im fiktiven Staat lebenden Personen eingreift – und was dies für die Figuren bedeutet. Durch das Spiel werden die Spieler*innen zur in dieser Thematik wichtigen Perspektivübernahme befähigt. Aus der Sicht einer Person, die keine Freiheitsrechte besitzt, können sie somit erfahren, wie wertvoll die Grundrechte sind und inwiefern sie persönlich durch grundgesetzliche Freiheitsrechte geschützt werden. Darüber hinaus können durch die übergriffigen Taten der Agenten Grundrechtskonflikte thematisiert werden. Nachdem beispielsweise das Zimmer von Kira durchsucht wurde, kann über das Grundrecht der Unverletzbarkeit der Wohnung gesprochen werden. Außerdem kann das Spiel zur Diskussion über Kulturen und politische Systeme anregen, die in Kontrast zu einer demokratischen Lebensweise stehen, um die interkulturelle Kompetenz zu fördern.
Die Darstellung eines totalitären Staates und die damit verbundenen Einschränkungen und Gefahren für die Bürger*innen bieten zudem vielfältige Anknüpfungspunkte für den Ethik- und Philosophieunterricht. So können Fragen nach Recht, Unrecht, Staat und Gesellschaft diskutiert werden: Wie sieht ein gerechter und funktionierender Staat aus? Welche Aufgaben sollte er erfüllen? Welche Rechte und Pflichten ergeben sich für die Bürger*innen? Vor diesem Hintergrund lassen sich verschiedene Staatstheorien philosophischer Denker wie der Leviathan von Thomas Hobbes oder der Gesellschaftsvertrag von John Locke in den Unterricht einbinden, um unterschiedliche Perspektiven auf die Beziehung zwischen Individuum und Staat zu erarbeiten.
Darüber hinaus bieten die im Spiel auftretenden Dilemmasituationen eine wertvolle Grundlage für weiterführende Diskussionen: Gibt es überhaupt eine „richtige“ Entscheidung? Ist es moralisch vertretbar, dass Khan sein eigenes Wohlergehen über das anderer stellt? Welche Normen oder ethischen Überzeugungen sollten Entscheidungsprozesse in solchen Situationen leiten? Hier können ethische Ansätze wie der Utilitarismus oder die deontologische Ethik herangezogen werden, um die Handlungen der Figuren kritisch zu beleuchten. Beispielsweise könnte hinterfragt werden, ob Khan entgegen deontologischen Prinzipien handelt, wenn er Auffälligkeiten nicht unmittelbar den Staatsagent*innen meldet, oder wie ein*e Utilitarist*in in einer vergleichbaren Situation entscheiden würde. Solche Überlegungen fördern nicht nur das Verständnis für ethische Theorien, sondern auch die Reflexion über persönliche Werte und Handlungsprinzipien.
Auch im Rahmen im Deutschunterricht lässt sich Join The Comfortzone gewinnbringend für die Vermittlung literarischen Verstehens einsetzen, vor allem hinsichtlich des Figurenverstehens und der Auseinandersetzung mit der Handlungslogik. Die familiäre Konstellation ist durch die Mitwirkung der Familie im Widerstand und die darauffolgende Flucht von Khans und Kiras Mutter kompliziert. Daher eignet sich die Handlung für eine umfangreiche Bearbeitung im Bereich des literarischen Verstehens. Die Schüler*innen erhalten die Möglichkeit, in eine fiktive totalitäre Welt einzutauchen und die Perspektiven und Entscheidungen der Protagonist*innen Khan und Kira nachzuvollziehen. Diese immersive Erfahrung ermöglicht es den Lernenden, narrative Aspekte wie Handlungsverlauf und Figurenentwicklung durch interaktive Beteiligung nachzuvollziehen. Der Handlungsverlauf ist insbesondere durch die neun verschiedenen Ausgangsszenarien des Spiels umfangreich. Im Unterricht lassen sich diese alternativen Handlungsverläufe miteinander vergleichen, um Schlüsselsequenzen herauszuarbeiten. Die Figurenentwicklung lässt sich vor allem in Bezug auf die Hauptfigur Khan interpretieren, da diese Figur je nach Entscheidung der Spieler*innen verschiedene Entwicklungen vollzieht. Das Spiel bietet zudem einige Leerstellen, die sich für einen handlungs- und produktionsorientierten Ansatz eignen.
Zum Spiel gibt es auf der Website auch umfangreiche Unterrichtsmaterialien für die entsprechenden Fachrichtungen zum Download unter:
https://www.jugendstiftung.de/onlineshop/arbeitsmaterialien-join-the-comfortzone/