The Darkest Files
- Publisher: Paintbucket Games
- Veröffentlichungsjahr: 2025
- Plattform: Windows, macOS
- Altersfreigabe: USK 12
- Geeignet für: Ab Klasse 9
- Fachbezug: Geschichte, Politik / Gemeinschaftskunde
„Nichts gehört der Vergangenheit an. Alles ist Gegenwart und kann wieder Zukunft werden.“ (Fritz Bauer)
Richter, Polizeibeamte, Politiker – im Deutschland der Nachkriegszeit sind viele hochrangige Posten mit Personen besetzt, die im Nationalsozialismus aktiv Verbrechen begingen und sich dennoch problemlos eine erfolgreiche Karriere aufbauen konnten. Die wenigsten von ihnen werden juristisch verfolgt oder gar bestraft, stattdessen werden sie gedeckt und ihre Taten vertuscht. Generalstaatsanwalt Fritz Bauer macht es sich zum Ziel, diesen unerträglichen Zustand zu beenden und NS-Verbrechen vor Gericht zu bringen. Das Serious Game The Darkest Files befasst sich mit Bauer, der unter anderem die Verhaftung Adolf Eichmanns in Argentinien sowie mit seinem Team aus Staatsanwälten die Auschwitz-Prozesse in Frankfurt ermöglichte und gegen teils größte Widerstände zahlreiche weitere NS-Verbrechen aufklärte.

Die Spielenden erleben diese Aufarbeitung als Ermittler*innen: Als Esther Katz schlüpfen sie in die Rolle einer fiktiven jungen Staatsanwältin, die im Jahr 1956 für Bauer in dessen Frankfurter Kanzlei arbeitet. In zwei verschiedenen Kapiteln, beide tatsächlichen Fällen nachempfunden und fiktionalisiert, ermitteln Spielende zwischen widersprüchlichen Aktenlagen und lügenden Verdächtigen. Bei Befragungen bewegen sie sich in visualisierten Tatort-Erinnerungen und sammeln mittels Point-and-Click-Technik Hinweise, zu denen sich die Zeug*innen äußern. Hier müssen sie aufmerksam sein: Wer hat geschossen? Wer gab den Befehl? Und wer sagt die Wahrheit?
Um das herauszufinden, sind Akten und Notizen die wichtigsten Werkzeuge, die die Spielenden analysieren und auswerten müssen. Schließlich geht es darum, die korrekten Schlussfolgerungen zu ziehen, um die Täter*innen vor Gericht zu überführen. „Nicht um zu rächen, nicht um zu heilen, sondern um zu zeigen, dass es Gesetze gibt, an die wir uns alle halten müssen“, so Esther Katz.
The Darkest Files thematisiert die Aufarbeitung von NS-Verbrechen in der jungen Bundesrepublik der 50er- und 60er-Jahre und eignet sich daher ideal für einen Einsatz im Geschichtsunterricht ab Klasse 9. Auch im Gemeinschaftskunde- bzw. Politikunterricht kann das Serious Game in diesem Kontext genutzt werden. Mit einer Spieldauer von etwa zehn Stunden lässt es sich als Schwerpunkt einer ausführlicheren Reihe behandeln, die Unterteilung in zwei unabhängige Kapitel ermöglicht jedoch auch das Spielen von Auszügen. Insbesondere der erste und kürzere Fall „Der Rebell“ eignet sich hierfür aufgrund seiner Spieldauer von circa vier Stunden. Die kostenlose Demoversion behandelt einen etwa halbstündigen Ausschnitt des Falls und lässt sich für einen kürzere Einheit nutzen.
Im Geschichtsunterricht kann The Darkest Files herangezogen werden, um die Unrechtsgesetze und die willfährige Strafjustiz der NS-Zeit zu analysieren und bewerten. Neben der Gleichschaltung der Justiz unter Hitler zählten dazu mitunter die Macht der Gestapo, die Entrechtung und Verfolgung der Jüd*innen oder die Vollstreckung von Todesurteilen, auch an Oppositionellen. Letzteres thematisiert The Darkest Files im Fall „Der Rebell“: In der Kanzlei meldet sich die Witwe des 70-jährigen Hans Naumann, der während der letzten Kriegstage im Jahr 1945 durch NSDAP-Ortsgruppenmitglieder entführt und von diesen ermordet wurde. Im Verlauf der Ermittlung stellt sich heraus: Naumann wurde anstelle seines kommunistischen Sohnes festgenommen, gegen den ein Hinrichtungsbefehl vorlag.
The Darkest Files behandelt die Schwierigkeiten bei der Aufklärung derartiger Fälle äußerst differenziert. So werden Kernprobleme der Strafverfolgung von NS-Verbrechen deutlich, die mit Schüler*innen diskutiert werden können: Oftmals wurde eine Verfolgung in der BRD ausgeschlossen, wenn sich Täter*innen an damals geltendes „Recht“ gehalten hatten. So zeigt ein Dokument im Spiel, dass die Strafverfolgung im Fall Naumann eingestellt wurde, da ein Hinrichtungsbefehl vorlag – die Täter seien nur Befehlen gefolgt. Es liegt an Staatsanwältin Katz, klarzustellen, dass der Vater „fälschlicherweise“ anstelle des Sohnes hingerichtet wurde. Die tatsächlichen Fälle, die Generalstaatsanwalt Fritz Bauer und andere aufklärten, können in diesem Zusammenhang mit Schüler*innen thematisiert und auch mithilfe zusätzlicher Sachtexte reflektiert werden. Darüber hinaus kann überlegt werden: Wie konnte es passieren, dass die meisten Täter*innen ungestraft davonkamen? Aus welcher Motivation heraus herrschte die weitreichende „Schlussstrich-Mentalität“? Mit welcher Verantwortung sollten wir derartigen Fällen heute begegnen – zum Beispiel in Hinblick auf jüngste Prozesse gegen ehemalige KZ-Wachleute?
Daran anschließend lässt sich The Darkest Files auch im Gemeinschaftskunde- bzw. Politikunterricht nutzen, um im Sinne der Demokratiebildung die Bedeutung eines funktionierenden Rechtsstaats für unsere heutige Gesellschaft zu reflektieren. Im kritischen Abgleich mit der Rechtsprechung im Nationalsozialismus können so die Bedeutung der Gewaltenteilung, die Wahrung der Grundrechte oder der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit erörtert werden. Daneben können Schüler*innen – zum Beispiel anhand der im Spiel dargestellten Todesstrafe während der NS-Zeit – auf rechtsphilosophischer Ebene über Bestrafungen und deren Motivation nachdenken: Dienen sie der Vergeltung, sollen sie andere vor Ähnlichem abschrecken oder Täter*innen zur Reflexion anregen? Ab wann ist eine Strafe gerecht oder legitim – und welche Kriterien sollten für sie gelten?
Zur praktischen Umsetzung bietet The Darkest Files zudem Anknüpfungspunkte für lernendenorientierte methodische Ansätze. Anhand der Originalen nachempfundenen Dokumente, Hintergrundinformationen in Form von Texten, Bildern und einem Fachbegriffe-Glossar lassen sich Kompetenzen im Umgang mit Quellen fördern. Eine Möglichkeit dafür ist beispielsweise eine Stationenarbeit, die Schüler*innen leitfragengestützt zur Auseinandersetzung mit der Fallaufklärung anregt.
Zur Differenzierung kann vor Spielbeginn zwischen einem Ermittler*innen- sowie einem Story-Modus gewählt werden, letzterer erfordert bei den teils komplexeren Schlussfolgerungen weniger Eigenleistung. Aktuell (Stand August 2025) liegt das Spiel in englischer Sprachausgabe vor, kann jedoch mit deutschen Untertiteln gespielt werden und eignet sich damit auch für den deutschsprachigen Unterricht.

