- Jahr: 2013
- Entwicklerstudio: Galactic Cafe
- Plattform: Windows, Mac, Linux
- Geeignet für: ab Klasse 10
- Fachbezug: Deutsch, Philosophie
„Dies ist die Geschichte von Stanley. Stanley arbeitete in einer großen Firma als Angestellter 427. Seine Aufgabe war einfach: Er saß in seinem Büro in Raum 427 und drückte Tasten auf seiner Tastatur. Die Befehle hierzu erschienen auf seinem Bildschirm und sagten ihm, welche Tasten er zu drücken hatte. Das tat der Angestellte 427 jeden Arbeitstag, jede Woche, jedes Jahr.“
Mit dieser Erzählung beginnt Stanley Parable, aber dabei bleibt es nicht. Denn eines Tages erscheinen auf Stanleys Bildschirm keine Aufgaben mehr und nach einigen Stunden entscheidet er sich, aus seinem Büro zu gehen. Hier beginnt das Spiel. Der Spieler übernimmt die Rolle Stanleys und obwohl keiner seiner Kollegen an diesem Tag im Büro ist, gibt es in Stanley Parable eine weitere Figur: Einen Erzähler.
Dieser Erzähler berichtet von Stanleys Geschichte und berichtet dem Spieler auf diese Weise, was Stanley als nächstes tun wird. Das besondere an Stanley Parable ist aber, dass der Spielende die Möglichkeit hat, die Geschichte zu beeinflussen. Paradigmatisch hierfür ist eine Stelle relativ früh im Spielverlauf, bei der Stanley in einen Raum mit zwei Türen tritt: „Als Stanley in einen Raum mit zwei offenen Türen kam, nahm er die Linke.“ Der Spielende kann die linke Tür nehmen, wie vom Erzähler nahegelegt, oder sich bewusst dagegen entscheiden und die rechte Tür nehmen. Der Erzähler reagiert in beiden Fällen unterschiedlich auf das Handeln des Spielenden und die Geschichte nimmt einen anderen Verlauf.
Insgesamt bestehen 18 mögliche Enden, wobei das Spiel auch nach Erreichen eines Endes nicht stoppt, sondern den Spielenden an den Anfang der Erzählung zurückversetzt und einen weiteren Durchlauf ermöglicht. Dadurch verwischen die Grenzen zwischen den Durchläufen – ein richtiges Ende hat Stanley Parable nicht.
Auch wenn Stanley die Möglichkeit hat, sich gegen die Anweisungen des Erzählers zu verhalten, bleibt es doch die Geschichte des Erzählers. Er entscheidet, wann das Spiel endet und der Spieler von neuem beginnen muss. Er spielt Musik und philosophiert. Er verflucht Stanley, er ist frustriert, er wünscht Stanley den Tod und er lässt ihn sterben. Er geht einfach weg. Er verliert den roten Faden seiner eigenen Geschichte, nur um ihn in Form einer gelben Linie in Stanleys Büro wiederzufinden. Er lässt Stanley gewinnen und nimmt ihm den Sieg. The Stanley Parable ist nicht nur dem Namen nach eine Parabel und eignet sich daher im Deutschunterricht für die Erkundung dieser Textsorte in anderer Form. Dabei bietet sich auch ein Vergleich mit anderen Parabeln an.
Gleichzeitig regen insbesondere die im Spiel implementierten unterschiedlichen Enden dazu an, ein eigenes Ende der Geschichte zu finden, über dieses zu diskutieren oder als Anlass zum kreativen Schreiben zu benutzen. Weiterhin wirft das Spiel Fragen über Handlungs- und Willensfreiheit auf. Die Entscheidungen des Spielers haben zwar Auswirkungen auf das Spiel, die ultimative Entscheidung über den Handlungsverlauf trifft jedoch der Erzähler, der nicht immer Lust hat, sich auf Stanleys Handeln einzulassen. Damit ist auch ein Einsatz im Philosophieunterricht denkbar, um den Problemhorizont zwischen Determinismus und Willensfreiheit abzustecken.
Positiv für die Einbettung von Stanley Parable in den Unterricht ist darüber hinaus die relativ geringe Spielzeit, in etwa 30 Minuten kommen alle Spielenden zu mindestens einem Ende. Dabei werden die Schülerinnen und Schüler ganz unterschiedliche Erfahrungen sammeln, abhängig davon, wie sie sich im Spiel entscheiden. Diese Erfahrungen können als wertvolle Grundlage für eine weitere unterrichtliche Auseinandersetzung dienen. Unabhängig hiervon ist auch denkbar, das Spiel gemeinsam im Plenum zu spielen und Entscheidungen gemeinsam zu treffen. Interessante Diskussionen können sich auf diese Weise bereits während der Spielphase entfalten.